Taschengeldparagraph im Kino? |
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Verfasst am: 10.12.2003 17:47 |
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Ich hab da mal ‘ne Frage:
In der diesjährigen AP war ja die Frage nach der Lederjacke!
Was war da jetzt eigentlich richtig???
Und dann nochwas: Wie wir ja alle gelernt haben dürfen Minderjährige zwischen dem 7. und 18.Lebensjahr Geschäfte tätigen, die dann allerdings schwebend unwirksam sind. Außer sie handeln im Rahmen des Taschengeldparagraphen. Die Geschäfte sind also rechtsgültig, sofern die Eltern nicht ausdrücklich verboten haben, diese bestimmte Sache zu kaufen. Wenn jetzt ein solches Kind im Alter von z.B. 14 Jahren in einen Kinofilm ab ohne Altersbeschränkung geht, und die Eltern im Nachhinein (nachdem das Kind den Film gesehen hat) vom Kartenverkäufer das Geld wiederhaben möchten, da das Kind diesen Film nicht sehen durfte, WAS IST DANN? Muss das Geld erstattet werden??? Haben wir echt schon lange drüber diskutiert! Also: Helft mir doch mal! |
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Verfasst am: 10.12.2003 18:56 |
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Geschäftsfähigkeit bezeichnet die Fähigkeit, Rechtsgeschäfte mit eigener Willenserklärung wirksam abzuschließen. Personen zwischen 7 Jahren 18 Jahren sind beschränkt geschäftsfähig (http://dejure.org/gesetze/BGB/106.html), d.h. von ihnen vorgenommene Rechtsgeschäfte sind zunächst schwebend unwirksam,
können aber wirksam werden, z.B.
- bei Verwendung von Mitteln, die vom gesetzlichen Vertreter
oder mit dessen Zustimmung zweckgebunden oder zur freien Verfügung
überlassen wurden („Taschengeldparagraph“)
http://dejure.org/gesetze/BGB/110.html
- sofern das Rechtsgeschäft nur rechtliche Vorteile beinhaltet
http://dejure.org/gesetze/BGB/107.html
- mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters
http://dejure.org/gesetze/BGB/108.html
Die vorausgehende Zustimmung wird als Einwilligung, die nachträglich Zustimmung als Genehmigung bezeichnet.
Zum Beispiel Kinobesuch: Wenn dem Minderjährigen Geld zu seiner freien Verfügung überlassen wird, erklären die Erziehungsberechtigten damit ihr grundsätzliches Einverständnis, dieses auch ausgeben zu dürfen. Es ist also nicht für jeden Vertrag des Kindes eine Zustimmung erforderlich, sofern die Verträge mit dem Taschengeld erfüllt werden und der Vertrag sich in einem "vernünftigen Rahmen" bewegt, zu dem die Eltern zustimmen würden.
Jedoch soll durch den Taschengeldparagraphen die Geschäftsfähigkeit nicht erweitert werden. Die Erziehungsberechtigten haben immer noch die Möglichkeit, ein Geschäft rückgängig zu machen, wenn ihnen dieses nicht gefällt.
Nach meiner Meinung könnte die Lösung sein:
1. Anwendung des Taschengeldparagraphen
2. ferner Ausgaben in einem vernünftigen Rahmen
3. ABER: Entscheidend ist wahrscheinlich, ob die Eltern vorher ausdrücklich ein Verbot für diesen Film ausgesprochen haben, denn dann fehlt dem Minderjährigen die Zustimmung zur freien Verwendung des Taschengeldes für dieses Rechtsgeschäft. :-)? |
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Verfasst am: 11.12.2003 13:48 |
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ja schön und gut aber was ist denn wen die eltern dem kind verboten haben den film zu sehen und es sich aber um den film zu sehn aus dem geldbeutel der mutter 10€ "leiht". des kind geht rein schaut den film elten nicht einverstanden kauf nicht mitteln die zur freien verfügung sind . . . |
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Verfasst am: 11.12.2003 14:01 |
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soweit ich das als Laie weiß sind VERTRÄGE nicht rechtsgültig, aber z.B. der Kauf einer Kinokarte schon. Es kann ja schlecht jeder Kartenverkäufer erstmal die Eltern anrufen ob der Sohnemann den Film überhaupt sehen darf. Stellt euch das mal im realen leben vor.... —= Born as a slave, destined to lead =— |
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Verfasst am: 11.12.2003 16:21 |
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Wenn das Geld, gestohlen bzw. wirklich geliehen wurde (aber betont wurde, dass der Minderjährige nicht diesen Film anschauen darf), handelt es sich nicht um Mittel "die ihm zu diesem Zweck oder zur freier Verfügung von dem Vertreter [...] überlassen worden sind" (§ 110 BGB).
Daher ist also der "Taschengeldparagraph" nicht einschlägig.
Somit hängt die Wirksamkeit des Kaufvertrages sowie der Übereignung des Geldes an den Kartenverkäufer von der Genehmigung der Eltern ab (§ 108 I BGB). Daher können die Eltern die Zustimmung verweigern, der Kinobetreiber muss dann das Geld wieder herausrücken.
Im BGB ist der Minderjährigenschutz (insbesondere durch die §§ 106ff) eines der höchsten Prinzipien. Daher geht Minderjährigenschutz vor Rechtsverkehrssicherheit.
Der Kinobetreiebr hat somit immer ein Restrisiko wenn er Verträge mit minderjährigen Kindern abschließt. |
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Verfasst am: 11.12.2003 16:23 |
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Ich denke, dass man dem Kind bzw. den Eltern das Geld nicht wiedergeben darf weil (achtung erklärung) der Kartenverkäufer nach dem § des Taschengeldes genau richtig entschieden hat.
Wenn das Kind allerdings unter 7 Jahre alt gewesen wäre müsse er das geld zurückgeben.
Wenn die Karte jetzt 200 € beispielsweise für ein Konzert gekostet hätte darüber lässe sich Diskutieren ob diese es hätten wieder zurückgeben müssen.
Das meine Antwort und ich wünsche einen schönen Donnerstag abend "Treibts net zu dolle!" |
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Verfasst am: 11.12.2003 16:53 |
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rechtlich gesehen ist es egal, ob die Karte 200€ oder 1 Cent gekostet hat. Wenn es sich um Mittel, die der Minderjährige zur freien Verfügung hat, handelt, ist der Taschengeldparagraph einschlägig und anzuwenden. Der Vertrag wäre dann also gültig.
Wenn er es sich aber (ohne Wissen der Eltern) nur leiht oder gar stiehlt, ist § 110 nicht anwendbar. Somit kommt es auf die Genehmigung der Eltern an, da ein Kaufvertrag nicht ledeglich einen rechtlichen Vorteil bringt (denn der Minderjährige verpflichtet sich das Geld zu übereignen)
Eine andere Frage ist, wenn der Kinobetreiber sich weigert 2€ wieder rauszugeben, ob es sich lohnt vor Gericht zugehen und das alles dann auch zu beweisen, denn die Beweislast tagen in diesen Fällen die Eltern (als Vertreter der Mdj.)... |
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Verfasst am: 11.12.2003 16:56 |
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ich kann mir auch net vorstell dass der kinobesitzer des geld zurückgeb müßt. da gibts dann wohl irchendwas wie gutgläubigen verkauf nach taschengeld§ |
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Verfasst am: 11.12.2003 20:06 |
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Es gibt keinen guten Glauben an die volle Geschäftsfähigkeit. Der Taschengeldpararaph gilt nur, wenn das Geld zur freien Verfügung überlassen und sich im Rahmen eines Taschengeldes bewegt. Die in der Prüfung genannte Jacke zum Preis von über 300€ geht eindeutig über das Taschengeld hinaus. Ein Kinobesuch geht von der Höhe des Preises mit dem Taschengeldpararaphen i.O.
Hatt der Minderjährige das Geld aber einfach vom Küchentisch genommen, welches gar nicht für ihn bestimmt war, zieht der § 110 BGB nicht. In diesem Fall muss der Kinobetreiber den Betrag zurückerstatten. Wenn er sich aber weigert kann der gesetzliche Vertreter nur klagen, aber wer macht das schon für max. 10€. |
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Verfasst am: 07.05.2004 14:37 |
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Meiner Meinung nach sieht die Lösung folgendermaßen:
Wenn das Kind das Geld nicht zur freien Verfügung hatte ist eine nachträgliche Genehmigung erforderlich; die wird dann eben verweigert.
Damit ist der Vertrag unwirksam.
Das führt bei einem Kaufvertrag beispielsweise dazu, dass die Eltern das ausgegebene Geld zurückerhalten; im Gegenzug muss die Ware herausgegeben werden.
Das sind zwei unabhängige Rechtsgeschäfte, die über die ungerechtfertigte Bereicherung §812 erfolgen.
Bei dem Geld für die Kinokarte sieht dass ganz genauso aus: Es gibt keinen Rechtsgrund, dass dem Verkäufer dieses Geld übereignet wurde (Subsumption des §812 spar ich mir)
-> Die Eltern können das Geld zurückverlangen!
Jetzt stellt sich die Frage, ob auch die Kino-Karte erstattet werden muss; das ist nicht der Fall, da keine Bereicherung des Kindes mehr vorliegt. D.h. das Kind hat keinen Nutzen mehr von der Kino-Karte. Wäre dasselbe, wenn es Süßigkeiten gegen Willen der Eltern kauft und schon gegessen hätte...
Damit ist der Kinoeigentümer der Dumme. |
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