Erlebnisbericht - Assessement-Center der Hochschule für Bankwirtschaft
In der Woche vom 04.03. – 08.03.2002 war es wieder soweit. Die HfB hatte zum alljährlichen Assessement Center für ihre beiden Bachelor-Studiengänge "Bachelor of Business Administration (BBA)" und "Bachelor of Computer Science in Banking and Finance (BCS)" geladen. Aus ganz Deutschland (Bremen, Hannover, Bonn, etc.) reisten die Kandidaten an, um sich in einem 10-stündigem Auswahlverfahren den Fragen und Aufgaben der Prüfer zu stellen.
Letztlich war auch für mich am 08.03. der Tag der Wahrheit gekommen. Ich hatte mich für den im Wintersemester erstmals stattfindenden BCS-Studiengang beworben. Also betrat ich an diesem sonnigen Freitagmorgen kurz vor acht Uhr das Gebäude der HfB.
Zuversicht, Lockerheit und Selbstbewusstsein? – Keine Spur, mein Herz schlug bis zur Kniekehle und die kleinen Schweißperlen auf meiner Stirn begannen bereits im Rhythmus meiner Schritte unangenehm auf und ab zu tanzen.
Vor dem in der Einladung angegebenen Raum hatten sich bereits mehrere Aspiranten versammelt und warteten - elegant in Anzug oder Kostüm gekleidet, in Gruppen zusammenstehend oder bemüht lässig an einen der zahlreichen Stehtische lehnend - auf den Beginn des Assessement-Centers. Die Altersklasse der Anwesenden lag schätzungsweise bei zwanzig Jahren aufwärts. Ich zählte mit meinen neunzehn Jahren somit eher zu den Exoten, was verständlicherweise nicht gerade zu einem Anstieg von Zuversicht bei mir führte.
Mit einem herzhaften „Guten Morgen“ begrüßte ich die Wartenden, um mich daraufhin an einem der Stehtische zu postieren. Dies taten mir einige Minuten später zwei Mitbewerber gleich und wir kamen daraufhin ins zwanglose Gespräch über unsere derzeitige Tätigkeit. Währenddessen füllte sich der Warteflur weiter mit potentiellen Studenten und Studentinnen, wobei die weibliche Fraktion deutlich unterrepräsentiert war.
Kurz nach acht Uhr begann das AC. Wir betraten den Raum und nahmen an Einzeltischen Platz. Herr Prof. Dr. Heimer, der Dekan der HfB, begrüßte uns und wünschte viel Erfolg. Daraufhin erhielt jeder Teilnehmer einen individuellen Tagesplan, auf dem die einzelnen AC-Stationen (Interview, Gruppendiskussion, etc.) sowie deren Raumnummer und Uhrzeit verzeichnet waren.
Doch zunächst stand für alle Bewerber und Bewerberinnen gleichermaßen ein analytischer Test auf dem Programm, dessen Übungen und Aufgaben unter Zeitdruck zu bearbeiten waren. Größtenteils fanden sich die bekannten Bewerbungstest-Aufgaben wieder. Überraschungen blieben glücklicherweise aus. Lediglich der bestehende Zeitdruck darf keinesfalls unterschätzt werden – hier ist Stress vorprogrammiert!
Gegen 9.10 Uhr endete diese erste AC-Aufgabe - an eine Verschnaufpause war allerdings noch nicht zu denken. Nahtlos schloss sich ein englischer Multiple-Choice-Test an, der insgesamt aus zwei Seiten bestand und für dessen Bearbeitung zwanzig Minuten gegeben waren. Im Vergleich zum vorhergehenden analytischen Test fand ich die Aufgaben wesentlich einfacher und auch die gegebene Zeit war großzügig bemessen.
Anschließend teilten sich die Bewerber in verschiedene Gruppen und gingen zu ihren individuellen Prüfungsstationen. Mein AC-Plan sah als Nächstes eine Gruppendiskussion in englischer Sprache vor, die allerdings erst um 11.30 Uhr stattfinden sollte. Damit blieb eine Pause von fast zwei Stunden, die ich zusammen mit einigen Mitbewerbern größtenteils in der Mensa und im Pausenhof der HfB verbrachte.
Die englische Gruppendiskussion fand unter der Aufsicht einer Engländerin und einer Amerikanerin statt. Als Diskussionsthema wurde uns die PISA-Studie vorgegeben. Wir harmonierten gut und jeder der Gruppenmitglieder erhielt in etwa denselben Redeanteil, um seine englischen „Sprachkünste“ demonstrieren zu können. Nach Abschluss der ca. 20-minütigen Diskussion folgte die Mittagspause, die alle Bewerber gemeinsam in der Mensa verbrachten und zum regen Informationsaustausch nutzten.
Kaum war die Mittagspause beendet, wartete bereits die nächste Station – das persönliche Interview – auf mich. Nach einer ca. 5-minütigen Selbstvorstellung folgten verschiedene Fragen der Prüfer zu meiner Person. Während diese Fragen noch relativ einfach zu beantworten waren, hatten es die anschließenden situativen Fragen in sich. Hier kam es meines Erachtens darauf an, sich nicht zu verstellen und nach eigenem Gewissen und Gefühl zu antworten. Eine situative Frage lautete beispielsweise: „Ein Kunde möchte hundert Aktien der XYZ-AG ordern. Sie kaufen versehentlich nur 10 Stück. Es entsteht ein Verlust für den Kunden. Der Kunde beschwert sich daraufhin bei ihrem Vorstand, der gleich darauf in die Schalterhalle stürmt und sie mit der Situation konfrontiert. Wie reagieren Sie?“
Eine gute Stunde später hatte ich es geschafft. Mein individueller Plan sah nun eine Informationsveranstaltung über die HfB vor. Kein Prüfungsstress, Zeit zum Relaxen und Erholen!
Um 14.30 Uhr folgte schließlich die letzte AC-Hürde – ein Gruppengespräch mit insgesamt fünf Teilnehmern. Zuerst erhielten wir einen Fall, in dem es darum ging, eine persönliche Reihenfolge bestimmter, für die Zufriedenheit im Beruf wichtiger Faktoren, festzulegen. In der anschließenden Gruppendiskussion sollte nun eine gemeinsame Rangfolge dieser Faktoren erarbeitet werden. Natürlich kam es zu zahlreichen Diskussionen und Auseinandersetzungen. Die Gruppe war sich größtenteils uneins. Ich versuchte die Gruppenleitung zu übernehmen und die Gesprächsanteile zu verteilen. Und obwohl wir am Ende ca. 30 Minuten diskutiert hatten, konnten wir nur ein bescheidenes Gesamtergebnis vorweisen. Doch darum ging es den Beobachtern, wenn überhaupt, nur beiläufig. Vielmehr wollten sie sehen, wie die Bewerber in einer Gruppe harmonieren und wie sie sich in Diskussionen verhalten.
Nun war es also endlich geschafft! Keine weiteren Tests, Aufgaben oder Diskussionen mehr.
Wie ich einige Zeit später feststellen musste, hatte ich mich leider zu früh gefreut. Die härteste Prüfung stand mir noch bevor - das lange Warten auf die Ergebnisse begann.
Annahme, Warteliste oder Ablehnung – das war die alles entscheidende Frage!
Nach und nach lichteten sich die Reihen um mich herum. Die Teilnehmer wurden einzeln zu Feedbackgesprächen hereingeholt und dort das Urteil der Prüfer verkündet. Auf mein Gespräch durfte ich geschlagene zwei Stunden warten. Meine Nervosität und Unsicherheit stieg von Minute zu Minute.
Am Ende habe ich eine Zusage erhalten und überglücklich meine Rückreise angetreten.
Ich wünsche allen potentiellen Bewerbern und Bewerberinnen auf diesem Weg viel Erfolg und hoffe Euch mit diesem Erfahrungsbericht zumindest ein wenig die Angst vor einem Assessement-Center genommen zu haben. Letztlich gilt auch hier der bewährte Spruch "Es kochen alle nur mit Wasser!".
Patrick Wolf
Veröffentlicht von: Patrick_Wolf
Datum: 10.03.2002
Quelle: Bankazubi.de
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