Krisenfrüherkennung im Firmenkreditgeschäft
Die Praxis basiert auf der Theorie. Sie gehören zusammen und kommen zu den gleichen Aussagen – dies war eine Erkenntnis im Rahmen eines Gastvortrages des Firmenkundenbetreuers der Vereinigten Sparkassen Neustadt/WN. an der Berufsschule Weiden. Das Schulwissen im Lernfeld Firmenkredite rundete Diplom-Kaufmann Richard Zeitler mit Beispielen aus der Bankpraxis ab.
Die Bankauszubildenden der Klasse WBa 12 a der Berufsschule konnten dabei mit ihren Lehrkräften, StD Georg Herrmann und StR Michael Bäumler sowie stellvertretenden Schulleiter StD Thomas Neumann einen Einblick in die Arbeit eines Firmenkundenbetreuers bekommen.
Der Referent der Sparkasse ging in seinen Ausführungen auf typische Kennzeichen einer Unternehmenskrise, die Verwertung von Sicherheiten sowie auf die Auswirkungen des § 18 KWG (Kreditwesengesetz) ein.
Als exemplarische Warnsignale aus der Kontoführung für Unternehmen nannte Richard Zeitler qualitative Kennzeichen wie z.B. außergewöhnliche Beanspruchung von Überziehungen, ausbleibende Habenumsätze auf Geschäftskonten, eingehende Pfändungsbeschlüsse oder auch vermehrte Rückgaben von Lastschriften.
Auch die Häufung von Auskunftsanfragen von anderen Banken und Leasinggesellschaften oder die Tatsache, dass der Kunde einer „Negativbranche“ angehört sowie die verspätete Einreichung von Unterlagen, die hohe Fluktuation von leitenden Angestellten sowie die starke Abhängigkeit des Kreditnehmers von wenigen Auftraggebern oder sogar nur von einem Auftraggeber können Warnsignale sein und werden bei der Einschätzung der Kreditwürdigkeit berücksichtigt.
Als quantitative Faktoren zur Einschätzung der Kreditsituation eines Kunden können Daten aus der Bilanz herangezogen und mit dem Branchendurchschnitt verglichen werden. Kennzeichen einer drohenden Unternehmenskrise sind zum Beispiel ein auffälliger Umsatzrückgang, die wesentliche Verschlechterung des Rohertrages, eine Reduzierung des Eigenkapitals bis hin zur Bilanzierung des Eigenkapitals auf der Aktivseite und die negative Entwicklung des cash flow. Mit der Offenen-Posten-Liste kann man erkennen, wie hoch die Zahlungseingänge in nächster Zeit sein werden. Die Berechnung und Interpretation derartiger Kennziffern wird im Unterricht in Bilanz- und Unternehmensanalyse behandelt.
Danach ging Richard Zeitler darauf ein, dass notfalls ein Kreditinstitut die Sicherheiten verwerten muss. Die Beleihungssätze von Kreditsicherheiten zeigte er anhand von Immobilien, der Sicherungsübereignung von Maschinen sowie der Verpfändung von Wertpapieren auf.
Dabei wurde nochmals auf bekannte Begriffe aus dem Unterricht im Fach Kreditgeschäft wie Verkehrswert, Ertragswert und Beleihungswert zurückgegriffen sowie auf die Möglichkeiten eines freihändigen Verkaufs oder der Zwangsversteigerung eingegangen.
Der Beleihungssatz kann sich bei Wertpapieren zwischen 0 % und 100 % bewegen. Während die inländische Standardaktien mit 60 % vom Kurswert angesetzt werden, beleihen Kreditinstitute eigene Wertpapiere bis 100 %.
Auf die Regelungen im § 18 KWG kam der Referent zum Schluss zu sprechen. Kreditinstitute sind grundsätzlich verpflichtet, sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers fortlaufenden offen legen zu lassen. Dadurch soll vor allem das Kreditrisiko gemindert werden. Bei Nichtbeachtung drohen der Bank entsprechende Sanktionen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
Letztendlich war diese Veranstaltung wiederum ein gelungener Beitrag zur noch stärkeren Verzahnung von Theorie und Praxis im Dualen Berufsausbildungssystems; auch war es eine Möglichkeit für die Auszubildenden ihr erworbenes Wissen an der Berufsschule anhand der Praxisbeispiele zu reflektieren.
Veröffentlicht von: karo78
Datum: 27.04.2005
Quelle: Berufsschule Weiden in der Oberpfalz
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