Merck Finck & Co wird doch nicht indisch
Damit hatte niemand gerechnet. Die schon vollzogen geglaubte Übernahme der Münchener Privatbank Merck Finck & Co mitsamt ihrer Luxemburger Muttergesellschaft KBL European Private Bankers durch den indischen Konzern Hinduja Group ist überraschend gescheitert. Ohne weitere Begründung untersagte die Luxemburger Finanzaufsicht CSSF Mitte März die Transaktion im Wert von 1,35 Milliarden Euro.
Der offizielle Abschluss der Übernahme schien lediglich eine Formsache zu sein. Doch: „Zu unserer Überraschung war die Hinduja Gruppe nicht imstande, die Zustimmung in den zehn Ländern, in denen KBL aktiv ist, einzuholen“, teilte Jan Vanhevel mit, der Vorstandsvorsitzende der belgischen KBC Gruppe, zu der KBL gehört. „Wir leugnen nicht, das dies für uns eine große Enttäuschung ist.“
Analysten vermuten, die Transparenz über die finanzielle Situation von Hinduja habe nicht ausgereicht. Hinduja ist ein Mischkonzern, der seit 1914 im Bankwesen aktiv ist und in der Branche mit der Hinduja Bank Schweiz und IndusInd Bank in Indien präsent ist.
Merck Finck war über die im Mai vergangenen Jahres angekündigte Übernahme erfreut: „Für unsere Kunden ist es eine ausgezeichnete Nachricht, dass sich unsere Muttergesellschaft wieder im Besitz einer familiengeführten Gruppe befindet“, so der damalige persönlich haftende Gesellschafter Alexander Mettenheimer, der allerdings bereits vier Wochen später die Bank verließ - aufgrund „unterschiedlicher Auffassungen über den Ausbau und die weitere strategische Ausrichtung“.
In München herrscht nun Ernüchterung. „Die Nachricht hat uns überrascht“, sagt Merck-Finck-Chef Michael Krume. Auch er hatte große Hoffnungen in Hinduja gesetzt und betont es sei gut, wieder in den Besitz einer Familie zu kommen.
KBC muss nun neu überlegen, an wen sie KBL und damit Merck Finck abgibt. Als mögliche Kauf-Interessenten gelten Schweizer Privatbanken wie Sarasin, Julius Bär oder Vontobel, die in Deutschland expandieren. Bevor Hinduja den Zuschlag erhielt, sollen auch der Finanzinvestor KKR und die Agnelli-Familie an KBL interessiert gewesen sein. Angeblich will KBC auch einen Börsengang prüfen. Möglicherweise rücken die Belgier auch davon ab, KBL als Ganzes zu verkaufen.
Die Hinduja Bank hat in Europa bereits Fuß gefasst. Von ihrem Sitz in Genf aus steuert sie nicht nur die Dependancen in der Schweiz, London und Paris, sondern auch die in New York, Dubai und Chennai/Mumbai. Verwaltungsratsmitglied Ajay Hinduja hat einen Abschluss in VWL und Finanzlehre der Universität Genf und war bei Vermögensverwaltungs- und Investmentbanking-Firmen tätig. Nun haben die Luxemburger Kartellwächter fürs Erste einen Strich durch Hindujas Expansionspläne gemacht.
Autor: Anja Kühner, freie Journalistin in Düsseldorf
Quelle: Bankmagazin.de
Veröffentlicht von: TobiasH
Datum: 03.04.2011
Quelle: Bankazubis.de
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