Die deutsche Wirtschaft braucht Universalbanken
Immer wieder tauchen Forderungen nach einem europäischen Trennbankensystem auf, das den Bankensektor im Sinne einer größeren Stabilität in sichere Retailbanken und unsichere Investmentbanken aufteilen will. Der Bundesverband deutscher Banken ist anderer Ansicht.
Die britische „Independent Banking Commission“ unter Leitung von Sir John Vickers kommt ebenso zu diesem Schluss wie die von EU-Kommissar Michel Barnier eingesetzte Expertengruppe zur Reform der Struktur des EU-Bankensektors unter Vorsitz von EZB-Direktor Erkki Liikanen.
„Die Idee eines Trennbankensystems hat in der Tat etwas Verführerisches an sich“, räumte auch Andreas Schmitz, Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB, im Bild), am 19. April vor der Presse in Berlin ein. Wenn alles, was nach böser Zockerei klingt, vom Brot- und Butter-Geschäft abgeschnitten wird, dann habe man – so könnte man annehmen – eine Garantie dafür, dass Staat und Steuerzahler nicht wieder für Fehlkalkulationen und taumelnde Banken in Anspruch genommen werden müssten. Dennoch, davon ist Schmitz überzeugt, ist diese populäre Ansicht falsch. Viel zu sehr seien Retail- und Investmentgeschäft im Privat- und noch mehr im Firmenkundengeschäft miteinander verquickt, als dass man sie ohne Schaden voneinander trennen könnte.
Unternehmen würden heute längst nicht mehr nur Kredite zur Finanzierung nutzen, sondern wegen ihrer internationalen Orientierung auch Dienstleistungen wie Liquiditätsmanagement, internationaler Zahlungsverkehr, Handelsfinanzierungen sowie Wechselkurs-, Kredit- und Zinsrisiken. Das alles aber sei Investmentbanking. Unternehmen profitieren dabei von einem Angebot aus einer Hand und einer ganzheitlichen Problemlösung. „Die aktuelle Stärke der deutschen Wirtschaft, insbesondere des exportgetriebenen deutschen Mittelstands, ist ohne Investmentbanking nicht vorstellbar“, ist Schmitz überzeugt.
Auch Risiken lassen sich nicht trennen
Selbst der Versuch, zwischen kundengetriebenem und sonstigem Investment zu trennen, funktioniere nicht, weil Kundenwünsche immer Transaktionen auslösen, die die Grenze überschritten. Jedes Kreditinstitut, das mehr Einlagen als vergebene Kredite aufweist – davon seien vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken betroffen – würde zum Beispiel seine Mittel mit Gewinnerzielungsabsicht anlegen und damit Investmentbanking betreiben, um die Zinsen für ihre Einlagen zu erwirtschaften.
Und auch die Risiken der beiden Banking-Formen lassen sich nicht klar voneinander trennen, argumentierte der BdB-Chef weiter. Es könne sogar passieren, dass die Verlusttragfähigkeit von Instituten sinken würde, falls es zu einer Trennung kommt, weil dann Verluste eines Geschäftsfeldes nicht mehr durch Gewinne des anderen aufgefangen werden könnten.
Auch historisch betrachtet lässt sich die Aussage, die letzte Krise sei nur durch schlechtes Investmentbanking verursacht worden, nicht halten. Zum einen lagen die wahren Ursachen der 2008er Krise in übermäßigem Kreditwachstum begründet. Und auch andere Krisen wie etwa die der nordischen Banken zu Beginn der 90er Jahre hatten ihre Ursachen in vorausgehenden Perioden übermäßigen Kreditwachstums verbunden mit Schwächen im internen Bankmanagement.
Und wie passt die Tatsache zum Trennbank-Ansatz, dass die Insolvenz von Lehmen Brothers – einer reinen Investmentbank – dazu geführt hat, dass die Krise anschließend alle Finanzinstitute erreicht hat? „Es ist eine Illusion zu glauben, dass durch ein Trennbanksystem die Verbindung zwischen Investment- und Geschäftsbanken unterbunden werden würde“, zeigte er sich überzeugt. Nicht das Geschäftsmodell birgt Risiken, sondern fehlerhaftes Risikomanagement der Banken. Entsprechend plädierte er dafür, den eingeschlagenen Weg einer soliden Bankenaufsicht in Verbindung mit internationalen Vereinbarungen zur Lösung von Bankenkrisen fortzufahren.
EZB muss Geld wieder einsammeln
Auf die aktuelle Situation in Spanien eingehend meinte Schmitz, dass die dortigen Banken noch viel zu begradigen und zu berichtigen hätten. Zwar habe die EZB mit ihrer umfangreichen Liquiditätsversorgung kurzfristig den Stressfaktor aus der Situation herausgenommen. Damit habe sich die Politik allerdings nur Zeit erkauft, um dauerhafte Veränderungen herbeizuführen. Die Regierung unternehme richtige Schritte, auch wenn sie „ein wenig durchschlagsstärker und besser in der Kommunikation“ sein könnte.
Grundsätzlich sei es richtig, den Druck aufrechtzuerhalten, weswegen es Schmitz für grundsätzlich falsch halten würde, wenn sich spanische Banken über den EFSF refinanzieren würden. Richtigerweise müsse das Geld an den Staat ausgezahlt werden, verbunden mit entsprechenden Auflagen. Was die übermäßige Liquidität betrifft, die durch die EZB-Hilfen entstanden sei, die müsse zu gegebenen Zeit wieder „eingesammelt“ werden. Die Instrumente, betonte der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Dr. Michael Kemmer, habe die EZB. Sie müsse nun ihre Unabhängigkeit von der Politik beweisen und sich im Zweifel auch gegen diese durchsetzen.
Quelle: Bankmagazin.de
Veröffentlicht von: TobiasH
Datum: 20.04.2012
Quelle: Bankazubis.de
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